Aufruf aus der Bildung: Da machen wir nicht mit!

Politische Bildner*innen rufen zum Streik auf

Wir teilen hier einen Aufruf des Arbeitskreises historisch-politische Bildung an alle Bildner*innen, sich dem Streik anzuschließen:

Wir sind Akteur*innen der Bildung und tragen mit unserer Arbeit zur Emanzipation der Menschen bei. Das tun wir an unterschiedlichen Gegenständen. Die Politik der Gegenwart spielt dabei immer eine Rolle.

Normalerweise bleiben wir mit diesen Diskussionen in Schulen und Bildungsveranstaltungen, doch eine Beteiligung der AfD an einer sächsischen Landesregierung würde die Freiheit der Bildung massiv bedrohen. Deswegen sagen wir schon jetzt: Wir werden streiken. Politik und Programmatik der AfD bedrohen die Arbeitsmöglichkeiten von Lehrer*innen, von Lehrenden und außerschulischen Bildner*innen in erschreckender Weise. Um nicht erst hinterher, wenn es schon zu spät ist, aktiv zu werden, werden wir uns an dem Tag, an dem es in Sachsen zu Koalitionsgesprächen zwischen CDU und AfD kommen sollte, demonstrativ verweigern.

Wenn wir sagen, wir streiken, dann verstehen wir „Streik“ in diesem Sinn einer Verweigerung des Weitermachens, als würde nichts passieren, was die Bildung im Kern bedroht. Wir werden diesen Tag nutzen, um in den Schulen, in der Soziokultur, den Bildungseinrichtungen, den Vereinen, den Museen und Gedenkstätten und in der Öffentlichkeit, auf Plätzen und Straßen, über die Bildungs- und Menschenfeindlichkeit der AfD zu sprechen.

Geschichte lernen – aus der Geschichte lernen – geschichtsbewusstes Verhandeln der Gegenwart

Unser Beruf ist die Vermittlung des „Nie wieder!“. Wir lehren in Workshops, Seminaren und Unterricht, wie aus Diskriminierung, Ausgrenzung und Gewalt ein Genozid entstehen kann.

Deshalb setzen wir uns dafür ein, eine völkisch-nationalistische, rassistische Gesellschaft zu verhindern, zur Gewissensbildung jeder*s Einzelnen beizutragen, solidarisch jede Entrechtung eines Mitmenschen als Einschränkung der eigenen Rechte zu verstehen.

Die AfD vertritt in ihrem Programm die Position: „Ziel der schulischen Bildung ist es, ein positives Bild von Sachsen und Deutschland, seiner Geschichte, Gegenwart und Zukunft zu vermitteln. Licht- wie auch Schattenseiten sollen dabei behandelt werden. Der Fokus liegt dabei auf der positiven Identifikation mit unserem Land. Die Lehrpläne wollen wir dementsprechend überarbeiten.“ Das ist ein Rückfall in den Geschichtsunterricht des 19. Jahrhunderts.

Historische Bildung im 21. Jahrhundert erinnert an die Opfer, ihre Biografien und Kämpfe, steht ihren Angehörigen zur Seite stehen und macht die Wirkungsgeschichte des Nationalsozialismus sichtbar. Sie stellt die Frage, warum Menschen im Nationalsozialismus zu Verbrechern und Mördern wurden.

Die AfD ist diskursfeindlich. Hinter der Forderung: „Das Klassenzimmer darf kein Ort der politischen Indoktrination sein. […] Vereinen, die Schüler ideologisch zu indoktrinieren versuchen, muss der Zugang zur Schule verwehrt werden. Sie dürfen keine Steuermittel erhalten.“ (Punkt 5.1.8 im Regierungsprogramm der AfD-Landesverbandes Sachsen) verbirgt sich die Ablehnung der Debatte in den Klassenzimmern und Jugendgruppen.

Rassismus- und antisemitismuskritische Bildungsarbeit, Humanismus, Gleichberechtigung, klare Haltung gegen jede Form von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, Akzeptanz von vielfältigen Familienbildern und sexuellen Identitäten und die Einübung einer Kultur des Gewissens und des Widerspruchs sind die Grundlagen für zukunftsfähige Bildung.

Wir wissen uns nicht allein. Auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen, in Wissenschaft und Kultur, aber auch in Verwaltungen und Unternehmen werden engagierte Menschen an diesem Tag aufstehen und mit ihrem Streik, ihrer demonstrativen Verweigerung deutlich machen, dass sie es nicht hinnehmen, wenn Menschenverachtung und Hass zum Regierungsprogramm werden sollen, dass sie bereit sind, sich zu wehren. Dafür streiken wir zusammen.